Im ersten Quartal 2010 hat die BRD mit mehr als 9 Milliarden Kilowattstunden den höchsten Exportüberschuß ihrer Geschichte produziert. Dies ergibt sich aus den aktuell vorgelegten Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen.
Die netto exportierte Strommenge entspricht der Produktion der sechs deutschen AKW Biblis A (Inbetriebnahme 1974), Biblis B (1976), Neckarwestheim I (1976), Isar I (1977), Philippsburg I (1979) und Grafenrheinfeld (1981). Außerdem sind die beiden AKW Brunsbüttel und Krümmel seit Sommer 2007 wegen „Revisionsarbeiten“ außer Betrieb.
Damit wurde in den ersten vier Monaten dieses Jahres in der BRD 6,7 Prozent mehr Strom erzeugt als benötigt. Acht der 17 in Deutschland betriebenen Atomkraftwerke könnten daher sofort abgeschaltet werden, ohne daß dies zu Engpässen führen würde.
Abb. Strom – Austausch mit dem Ausland
Januar -März 2010 –in Millionen Kilowattstunden (Mio. kWh)
* Veränderung in % gegenüber dem Vorjahreszeitraum
www.ag-energiebilanzen.de/viewpage
Mit dem fortschreitenden Ausbau der erneuerbaren Energien lag Deutschlands Strom-Exportüberschuß im Jahr 2005 schon bei 8,5 TWh, 2007 bereits bei 19,1 TWh und im Jahr 2009 dann bei 14,3 TWh. Nun wurden allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres insgesamt 18 TWh exportiert. Da im selben Zeitraum 9 TWh importiert wurden, lag der Strom-Exportüberschuß bei 9 TWh.
Selbst ein sofortiger Atomausstieg wäre in Deutschland bei kurzfristiger Inkaufnahme eines vermehrten Einsatzes von Gas- und Kohlekraftwerken ohne Netto-Stromimport möglich. Innerhalb weniger Jahre wäre ein 100-prozentiger Umstieg auf erneuerbare Energien machbar. Selbst das Bundesumweltamt wies jüngst darauf hin, daß mit dem Einsatz intelligenter Energieeffizienz der Strombedarf in Deutschland schnell um 110 TWh auf 490 TWh gesenkt werden könnte. Konkret wurden dabei genannt: Hochwirkungsgradmotoren mit lastabhängiger Drehzahlreglung, Unterbindung der Leerlaufverluste und sogenannte Top-Runner-Programme. Selbstverständlich werden diese Möglichkeiten von den – an der Stromverschwendung interessierten – Großen Vier, den Strom-Konzernen E.on, RWE, Vattenfall und EnBW blockiert. Diese beherrschen nach wie vor den deutschen Strommarkt.
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) zeigt in einer im Mai vorab veröffentlichten Stellungnahme auf, dass eine 100% regenerative Stromerzeugung bis 2050 grundsätzlich möglich und wirtschaftlich ist, allerdings nur ohne die Tiefe Geothermie.
(Der Anteil der Stromversorgung aus Tiefer Geothermie liegt unter 0,01% der als erneuerbar eingestuften Energien und ist wegen der Risiken und extrem hohen Kosten nicht zu verantworten.)
Energieverbrauch 2009 so niedrig wie vor 40 Jahren
09.03.2010 – Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen legt detaillierte Berechnungen für 2009 vor
Berlin/Köln (ots) – Der Verbrauch an Primärenergieträgern betrug in Deutschland 2009 nur 13 341 Petajoule (PJ) oder 455,2 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE). Das waren 6 Prozent weniger als 2008. Damit fiel der Energieverbrauch in Deutschland, wie die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) in ihrem jetzt erschienenen Jahresbericht 2009 mitteilt, auf das niedrigste Niveau seit Anfang der 1970er Jahre.
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Die deutschen Kernkraftwerke erzeugten 2009 knapp 135 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh). Das waren rund 9 Prozent weniger als im Vorjahr. An der gesamten inländischen Stromerzeugung hatte die Kernenergie einen Anteil von knapp 23 Prozent.
Die Erneuerbaren Energien steigerten ihren Beitrag zur Energiebilanz um rund 3 Prozent auf 1 181 PJ (40,3 Mio. t SKE). Der Anteil am Primärenergieverbrauch stieg von 8,1 Prozent auf 8,9 Prozent. Mehr als drei Viertel der Gesamtmenge entfielen auf Biomasse, die Windenergie trug 11,5 Prozent bei und auf die Wasserkraft entfielen 6 Prozent. Photovoltaik, Solarthermie und Erdwärme kamen jeweils auf Anteile von weniger als 2 Prozent. Rund 54 Prozent des Energieaufkommens aus erneuerbaren Energien wurden 2009 zur Stromerzeugung eingesetzt, 36 Prozent für die Wärmeerzeugung und rund 10 Prozent für die Bereitstellung von Kraftstoffen.
Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V.
Eine Stromlücke gibt es nicht
Indizien für eine „Stromlücke“, die von der Atomlobby für den Fall des Ausstiegs angeführt wird, gibt es folglich nicht.
Zumal der Exportüberschuss Deutschlands seit Jahren steigt. Bis ins Jahr 2002 war die Bilanz mit leichten Schwankungen recht ausgeglichen, danach gab es jährlich Überschüsse mit Werten um 20 Milliarden Kilowattstunden.
Zu verdanken ist diese Entwicklung dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Alleine die Windkraft erzeugte im ersten Quartal trotz vielerorts unterdurchschnittlicher Windverhältnisse 10,6 Milliarden Kilowattstunden, gut 3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. *Die Fotovoltaik legte gegenüber dem Vorjahr um 30 Prozent zu, blieb aber in absoluten Zahlen jahreszeitbedingt mit 0,9 Milliarden Kilowattstunden noch relativ niedrig. Durch die rasanten Ausbauzahlen wird aber auch die Solarenergie in den nächsten Jahren zu einem immer bedeutenden Faktor im deutschen Strommix. Die Wasserkraft erzielte mit einem Anstieg um 5 Prozent auf 4,4 Milliarden Kilowattstunden ebenfalls gute Werte, genau so wie die Biomasse, die im Stromsektor von 6,1 Milliarden auf 7,3 Milliarden Kilowattstunden zulegte. (in den ersten sechs Monaten 2010 verzeichnete die Fotovoltaik einen Zuwachs von 64%)
lesen in klimaretter.info/energie/hintergrund
Verdopplung der atomaren Reststrommenge
AKW-Laufzeit-Verlängerung von acht Jahren = Eine Verdopplung der atomaren Reststrommenge
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) versucht derzeit, eine AKW-Laufzeit-Verlängerung von acht Jahren als „moderat“ zu verkaufen. Was er verschweigt: schon mit dieser angeblich „moderaten“ Laufzeitverlängerung würde die atomare Reststrommenge verdoppelt.
CDU-Fraktionschef Volker Kauder lässt sich nicht lumpen und möchte 25 Jahre spendieren und CSU-Chef Horst Seehofer will ganz im Sinne der Atomlobby die Laufzeiten komplett frei geben.
Angesichts von drohenden 25 Jahren und mehr versucht Röttgen bereits seit Wochen, seine acht Jahre als „moderat“ zu verkaufen. Und hat damit Erfolg: landauf, landab liest und hört man in den Medien, acht Jahre seien eine „moderate Laufzeitverlängerung“.
Nun heißt moderat nichts anderes als gemäßigt, und es sollte doch möglich sein zu hinterfragen, wie gemäßigt der Vorschlag des Bundesumweltministers wirklich ist.
Ein Blick in den (noch) gültigen Atomausstiegsvertrag hilft da weiter: In diesem sind für jedes AKW Reststrommengen und nicht Jahre festgelegt. In Jahre umgerechnet würden die Laufzeiten der Atomkraftwerke bis 2022 reichen – theoretisch. Denn mit dem Übertragen von Strommengen von anderen AKW, Stillstandzeiten und befristeten Abschaltungen können die Betreiber einzelne Kraftwerke sogar bis 2030 laufen lassen – ohne den Vertrag zu beugen.
Und Röttgens acht Jahre? Sie würden bedeuten, dass doppelt so viel Atomstrom ins Netz eingespeist werden dürfte, wie nach Atomausstiegsgesetz noch zulässig wäre. Eine Verdopplung der atomaren Reststrommenge soll den Bundesbürgern also als „moderat“ verkauft werden. Das Getrickse der Atomkonzerne eingerechnet, könnten uns so Atomkraftwerke noch bis 2050 erhalten bleiben.
Für die erneuerbaren Energien hat so eine Mogelpackung ganz konkrete Auswirkungen: Sonne, Wind, Bioenergie & Co. können ihr Ziel, 2020 die Hälfte des Stroms in Deutschland zu liefern, nur erreichen, wenn die Atomenergie und Kohleverstromung zu Auslaufmodellen werden. Doch je länger die Atomkonzerne ihre Kraftwerke am Netz behalten dürfen, desto schwieriger und auch teurer wird das Erreichen dieses Ziels. Und auch die vom Bundesumweltministerium formulierte Marke, bis 2050 eine nahezu komplette Vollversorgung mit Erneuerbaren zu erlangen, würde unerreichbar – Dank einer „moderaten“ Laufzeitverlängerung.
klimaretter.info/kolumnen/kolumne-h-weithoener
Standorte Atomkraftwerke:
nadir.org/nadir/initiativ/sand/SAND-Dateien/AKW_Standorte
R.F-J.