"Dulde und Liquidiere"

§ 114 Bergschaden

Absatz 1
Wird infolge der Ausübung einer der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 bezeichneten Tätigkeiten oder durch eine der in § 2 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Einrichtungen (Bergbaubetrieb) ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt (Bergschaden), so ist für den daraus entstehenden Schaden nach den §§ 115 bis 120 Ersatz zu leisten.
Absatz 2
Bergschaden im Sinne des Absatzes 1 ist nicht
1. ein Schaden, der an im Bergbaubetrieb beschäftigten Personen oder an im Bergbaubetrieb verwendeten Sachen entsteht,
2. ein Schaden, der an einem anderen Bergbaubetrieb oder an den dem Aufsuchungs- oder Gewinnungsrecht eines anderen unterliegenden Bodenschätzen entsteht,
3. ein Schaden, der durch Einwirkungen entsteht, die nach § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht verboten werden können,
4. ein Nachteil, der durch Planungsentscheidungen entsteht, die mit Rücksicht auf die Lagerstätte oder den Bergbaubetrieb getroffen werden und
5. ein unerheblicher Nachteil oder eine unerhebliche Aufwendung im Zusammenhang mit Maßnahmen der Anpassung nach § 110 .

Für Rechtsstreitigkeiten über Entschädigungen ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Die sog. Bergschadensvermutung § 120 BBergG:

Nahezu alle Probleme liegen beim Kausalitätsnachweis!

Die konkrete Regelung wird in öffentlichen Bergschadensdiskussionen nahezu regelmäßig verkannt und überschätzt.

§ 120 Bergschadensvermutung

(1) Entsteht im Einwirkungsbereich der untertägigen Aufsuchung oder Gewinnung eines Bergbaubetriebes durch Senkungen, Pressungen oder Zerrungen der Oberfläche oder durch Erdrisse ein Schaden, der seiner Art nach ein Bergschaden sein kann, so wird vermutet, daß der Schaden durch diesen Bergbaubetrieb verursacht worden ist. Dies gilt nicht, wenn feststeht, daß

1. der Schaden durch einen offensichtlichen Baumangel oder eine baurechtswidrige Nutzung verursacht sein kann oder
2. die Senkungen, Pressungen, Zerrungen oder Erdrisse
a) durch natürlich bedingte geologische oder hydrologische Gegebenheiten oder Veränderungen des Baugrundes oder
b) von einem Dritten verursacht sein können, der, ohne Bodenschätze untertägig aufzusuchen oder zu gewinnen, im Einwirkungsbereich des Bergbaubetriebes auf die Oberfläche eingewirkt hat.

(2) Wer sich wegen eines Schadens an einer baulichen Anlage auf eine Bergschadensvermutung beruft, hat dem Ersatzpflichtigen auf  Verlangen Einsicht in die Baugenehmigung und die dazugehörigen Unterlagen für diese bauliche Anlage sowie bei Anlagen, für die wiederkehrende Prüfungen vorgeschrieben sind, auch Einsicht in die Prüfunterlagen zu gewähren oder zu ermöglichen.

Tiefe Geothermie

Noch ist offen, ob die so genannte „Bergschadensvermutung“ für geothermische Anlagen überhaupt gilt.
Eine Seite argumentiert, es handele sich um Bohrungen von Übertage aus und nicht um untertägigen Bergbau. Die Andere, dass sich die Tiefe Geothermie unter Tage abspiele. Die Risiken der Geothermie entstünden also, ebenso wie beim Kohlebergbau, unter der Erde.
Hartmut Gassner, Anwalt und Vorsitzender des grössten Geothermie-Lobby-Verbands, räumte noch am 22.6.2010 auf einer Promotion-Veranstaltung ein, dass die Bohrungen – und damit auch die Stimmulationsmassnahmen – nicht unter die Bergschadensvermutung fallen.

Darüber hinaus sind bergrechtlich für den zivilrechtlichen Schadensausgleich keine Beweisregeln verfügbar.

Expertenanhörung des Umweltministeriums Baden-Württemberg
Auszug aus der Expertenanhörung:
Prof. Dr. Ralph Watzel (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, Freiburg):
Geothermieanlagen können Erdbeben von unbekannter Größe auslösen.
Erdbeben können durch die Bohrphase, die Stimulationsphase und durch den Dauerbetrieb ausgelöst werden.
Kleinere und mittlere Schäden sind von den Bürgern hinzunehmen.

Das Bundesbergrecht
Teile der Reichsgesetzgebung, die in den Dreißiger- und Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts als „Kriegsertüchtigungsgesetz“ gestaltet wurden, sind auch heute noch Bestandteil des deutschen Bergrechts. Es räumt Bergbauvorhaben ohne gesellschaftliches Hinterfragen und größere juristische Abwägungen fatale Sonderprivilegien gegenüber Rechten der Betroffenen und der Natur ein.

R.F-J

Siehe auch:
Stellungnahme des BV-BI-TG e.V. zu „Kulanzzahlungen an Geschädigte in Landau“