Technisch beherrscht man die Geothermie – nicht aber ihre Risiken

Badische Zeitung – Sonntag, 04. September 2011

Die unbewältigten Risiken der Geothermie

Das Image der Geothermie hat zuletzt erheblichen Schaden genommen. Die Risiken dieser Technik müssen bewältigt werden. Denn die Geothermie ist vorteilhaft, urteilt Wulf Rüskamp in seinem Leitartikel.

Ohne Kohlendioxidausstoß und darum klimaneutral: Damit wirbt die Lobby der Geothermie für ihre Energieform. Das gilt freilich auch für die Atomkraft. Und es gibt noch eine Gemeinsamkeit: Technisch beherrscht man beide Energieformen – nicht aber ihre Risiken.

Damit enden auch schon die Gemeinsamkeiten. Denn wenn man eine geothermische Anlage abbaut, bleibt nicht mehr zurück als ein Loch im Boden – und selbst das wird verfüllt. Bei einem Atomkraftwerk dagegen müssen nach Abschalten und Rückbau noch viele Generationen danach die strahlenden Hinterlassenschaften hüten. Aber auch hinsichtlich der Risiken unterscheiden sich beide Energieformen beträchtlich: So schlimm die Hebungen in Staufen für die Betroffenen sind – die Stadt wird deswegen nicht unbewohnbar, anders als die Regionen um Tschernobyl oder Fukushima.

Es empfiehlt sich daher, in der Beurteilung der Geothermie nüchtern zu bleiben, auch wenn ihr die Katastrophe von Staufen oder die jüngsten Absenkungen in Schorndorf oder Leonberg derzeit eine schlechte Presse bereiten. Das gilt nicht nur für die oberflächennahe Geothermie, um die es in diesen drei Fällen ging, sondern auch für die Tiefengeothermie, die sich von den Folgen der durch sie ausgelösten leichten Erdbeben in Basel oder in Landau bisher kaum erholt hat. Das daraus resultierende schlechte Image lässt die Geothermie in den Überlegungen zur Energiewende gegenwärtig auf einem hinteren Platz landen.


„Wobei freilich alle bedauern, dass diese Energieform derzeit kaum in die Kalkulation einzubeziehen ist. Denn die Vorteile der Geothermie liegen auf der Hand: Sie ist klimaverträglich, nahezu umweltneutral, sie steht unabhängig von Wind und Wetter dauerhaft zur Verfügung, und ihr Potenzial gilt als nahezu unbegrenzt.“

Mit dieser Einschätzung irrt sich der Autor:
Umweltneutralität:
Ein Geothermiekraftwerk verbraucht enorme Mengen an Strom, dieser wird unter anderm im Kohlekraftwerken erzeugt. 90% der zur Stromerzeugung geförderten Energiemenge wird über die Kühlung direkt an die Umwelt abgegeben.
Wetterunabhängig: In den Sommermonaten erreicht das z.B. GKW Landau nur die Hälfte der möglichen Leistung da die hohen Temparaturen die Kühlung beeinträchtigen.
Potential: Es wird nachweisbar mehr Energie abgebaut als auf natürlichem Weg nach strömt. Nachhaltigkeit


Es sind die technischen Probleme, die ihr zum Nachteil ausschlagen. Das gilt weniger für die oberflächennahe Thermie: Deren Technik gilt, hält sie sich an die Regeln, als ausgereift. Mehr als 20.000 Geothermiebohrungen gibt es in Baden-Württemberg, in nur knapp 50 Fällen hat es meist geringe Probleme gegeben. Sie wären statistisch vernachlässigbar, gingen nicht in zwei bis drei Fällen die Schäden gleich in die Millionen. In vielen Fällen erfolgte die Bohrung offenbar schlampig oder es wurden Vorsichtsregeln missachtet. Deshalb drohen nun Auflagen – bis hin zur direkten Aufsicht der Baustelle durch Geologen. All das treibt die Kosten in die Höhe. Schon heute ist für oberflächennahe Geothermie meist nur eine langfristige Rentabilität zu erwarten…

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Leserkommentare – Badische Zeitung:

03. September 2011 – 16:28 Uhr
Wie einfältig muss man sein, um ernsthaft glauben zu können und anderen weismachen zu wollen, Geothermie sei auf Dauer sicher. Dies allein auf der Basis, dass niedergebrachte Bohrungen bis jetzt – also bei lediglich geringer Lebensdauer – nur in kleiner Zahl zu Schäden geführt haben. Niemand übernimmt die Garantie dafür, dass die Bohrlöcher über Jahrzehnte hinweg in sicherem Zustand gehalten gehalten und schließlich auch wieder ordentlich verfüllt werden.

03. September 2011 – 17:07 Uhr
Der Vergleich zwischen Geothermie und Kernkraft ist – so wie gezogen – absolut unzulässig. Energie aus Geothermie versorgt – pro Anlage – wenige Tausend Haushalte mit Strom. Energie aus Kernkraft dagegen pro Anlage viele Millionen. Wäre ja noch schöner, wenn die Risiken die gleichen wären. Ich halte den Einsatz von Geothermie für grob fahrlässig und die Erforschung für eine Sackgasse. Man sollte das Geld lieber in die Forschung „Algen als Bioreaktoren“ stecken.