Geothermiekraftwerke sind in Bayern ohne Fernwärme nicht genehmigungsfähig

Kurze Erläuterung zum Hintergrund des offenen Briefs an den Tutzinger Bürgermeister:

Laut Bayerischem Wirtschaftsministerium ist ein Geothermiekraftwerk ohne Wärmeauskoppelung in Bayern nicht genehmigungsfähig. Dies bedeutet, dass die Betreibergesellschaften von Geothermie-Anlagen innerhalb von 3 Jahren nach Fertigstellung der Anlage Fernwärme bereitstellen müssen. Sowohl Bergdirektor Thönnesmann als auch Bergdirektor Zimmer (Bergamt Südbayern) haben dies in mehreren Gesprächen mit den Bürgerinitiativen ausdrücklich erwähnt.
Ist eine Fernwärmeversorgung nicht wirtschaftlich möglich muss laut Bergamt Südbayern der Betrieb der Anlage eingestellt werden, dies ist derzeit gesetzlich so vorgegeben. Dass eine Fernwärmeversorgung in einer zersiedelten Region wie z.B. am Westufer des Starnberger Sees nicht möglich ist, haben bereits die Stadtwerke München bestätigt. Als Interessent am Geothermie-Aufsuchungsbereich Starzenbach, im Bereich Tutzing, Feldafing und Pöcking, haben sich die Stadtwerke München wegen der nicht gegebenen Wirtschaftlichkeit eines Fernwärmenetzes in dieser Region zurückgezogen.
Der Bernrieder Bürgermeister Steigenberger versucht nun durch unbelegte Aussagen zu möglichen „Fernwärmegrossabnehmern“ im Bereich Tutzing eine positive Situation darzustellen die so nicht gegeben ist. Er erwähnt unter anderem das Tutzinger Krankenhaus, das Tutzinger Kloster und die Tutzinger „Grossindustrie“, wer oder was immer das auch sein mag.
Nach Meinung der Bürgerinitiativen ist es an der Zeit, dass sich sowohl der Tutzinger Bürgermeister Wanner als auch die von Steigenberger genannten „potentiellen Fernwärmeabnehmer“ detailliert zu Steigenbergers Aussagen äussern und zwar bevor ein Landschaftsschutzgebiet für ein nicht genehmigungsfähiges Geothermiekraftwerk zerstört wird.
Dies ist der Hintergrund unseres offenen Briefs an den Tutzinger Bürgermeister.

Tutzing den, 18. Januar 2012

Offener Brief an den Tutzinger Bürgermeister Dr. Stephan Wanner

Sehr geehrter Herr Dr. Wanner,

mit einigem Befremden stellen wir fest, dass auf den Tutzinger Gemeinderatssitzungen immer wieder das Thema Geothermie Bernried auf der Tagesordnung steht, in den seltensten Fällen jedoch auch verhandelt wird. Aus diesem Grunde fordern wir Sie auf, uns als Tutzinger Bürger darüber zu informieren, was denn der aktuelle Planungsstand ist.

Hintergrund unserer Sorge sind einerseits Äußerungen des Bernrieder Bürgermeisters Steigenberger, die Abnehmer der im Geothermiekraftwerk parallel zur Stromerzeugung gewonnenen Wärme seien zum einen die Klinik Höhenried, zum anderen das Tutzinger Großgewerbe.

Größere Kopfschmerzen bereitet uns aber andererseits ein Absatz im Bescheid zur Herrichtung des Bohrplatzes Höhenried-West der Regierung von Oberbayern Bergamt-Südbayern. Dort heißt es:
„Mehrere größere Objekte sollten mit Fernwärme aus Geothermie versorgt werden, darunter unter anderem das Kloster Tutzing, das Tutzinger Krankenhaus und die Realschule in Tutzing. Das Gebiet westlich des besagten Tutzinger Krankenhauses solle in den nächsten 2 Jahren neu überbaut werden. Hier seien ein Hotel, Wohn- und Geschäftsgebäude geplant, die, ebenso wie die Klinik Höhenried mit Fernwärme versorgt werden sollen.“

Angenommen es handelt sich hier nicht um einen Taschenspielertrick des Betreibers, der immerhin wirksam genug war, den Abteilungsdirektor Franz Lutz hinreichend zu überzeugen, dann müsste der Betreiber Lutz K. Stahl die Angaben über potentielle Wärmeabnehmer in Tutzing mit der Gemeinde Tutzing abgeklärt haben – schließlich müsste die Gemeinde dieses ominöse Fernwärme“netz“ stellen.

Was wiederum hieße, dass die Gemeinde Tutzing die mindestens 4 Kilometer langen Zuleitungen finanzieren müsste – was einem Investitionsvolumen von etwa 4-6 Mio. Euro entspräche. Diese Investition müssten über kurz oder lang auf die Nutzer, in diesem Fall, auf wenige Betriebe umgelegt werden, dazu kämen die laufenden Kosten – kein gutes Geschäft. Wir sind uns abgesehen davon unsicher, ob die Betroffenen (etwa die Mission-Benediktinerinnen) überhaupt von ihrem Anschlusswillen wissen.

Was sich uns auf logischem Wege auch nicht erschließt: Wenn westlich des Tutzinger Krankenhauses in den nächsten 2 Jahren gebaut wird, das Fernwärmenetz aber bestenfallls erst in 5 Jahren fertiggestellt ist (wenn die Bohrung überhaupt fündig wird), womit sollen die neuen Gebäude in der Zwischenzeit beheizt werden?

Die Stadtwerke München haben sich damals vom Geothermieprojekt am Starzenbach zurückgezogen, weil in Tutzing eine profitable Abnehmerstruktur für ein Fernwärmenetz nicht vorhanden war. Eine Überlegung übrigens, die auch der Gemeinderat Tutzing teilte.

Soll jetzt entgegen allen Beschlüssen und aller wirtschaftlicher Vernunft in Tutzing ein Fernwärmenetz errichtet werden? Und was ist eigentlich aus dem Fernwärmenetz Bernried geworden?

Über ein paar klärende Zeilen oder Worte wäre wir Ihnen sehr dankbar!

mit besten Grüßen
Bürgerinitiative für umweltverträgliche und nachhaltige
Nutzung alternativer Energiequellen (BIF UNAE)
und
Bürgerinitiative Schutz Westufer Starnberger See e.V.

 

Nachtrag, 25.1.2012
Mit folgendem Eingangstext  wurde der Brief der Bürgerinitiative am 23.1. an die regionale Presse gesandt:

Liebe Redaktion,

„Laut Bayerischem Wirtschaftsministerium ist ein Geothermiekraftwerk ohne Wärmeauskoppelung in Bayern nicht genehmigungsfähig. Dies bedeutet, dass die Betreibergesellschaften von Geothermie-Anlagen innerhalb von 3 Jahren nach Fertigstellung der Anlage Fernwärme bereitstellen müssen. Sowohl Bergdirektor Thönnesmann (Tel.: 089 / 2176 – 2112) als auch Bergdirektor Zimmer (089 / 2162 – 2451) (Bergamt Südbayern) haben dies in mehreren Gesprächen mit den Bürgerinitiativen ausdrücklich erwähnt. (…)“

Dazu die SZ-Starnberg am 24.1.: „Laut Initiative sind Geothermiekraftwerke ohne Wärmekopplung nicht genehmigungsfähig.“

Dieser „eigenwilligen Interpretation“ der SZ-Starnberg widersprechen wir.