Weilheimer Tagblatt, 5. Februar 2011
Bernrieder Liste sieht Drumlins in Gefahr
von Lorenz Goslich
Bernried – Die „Bernrieder Liste für Mensch und Natur“ fordert im Hinblick auf die Planungen für die Geothermie-Anlage in der Gemeinde die Einschaltung eines „gänzlich unabhängigen Geologen“. Begründet wird dies mit Details des Vorhabens, die zum Teil erst jetzt bekannt geworden seien. Eine zentrale Rolle in der Argumentationskette spielen so genannte „Drumlins“, die sich auf dem betreffenden Gebiet befinden – tropfenförmige und lang gestreckte Hügel, die in der Eiszeit gebildet worden sind (siehe dazu Kasten unten).
Die Mitglieder der Bernrieder Liste zeigen sich entsetzt darüber, dass im Zuge der Arbeiten Teile dieser Hügel abgegraben werden sollen, wie kürzlich bei einer Besichtigung bestätigt worden sei. Die Liste verweist darauf. dass solche Formationen von der Staatsregierung unter anderem in den Schutzgebieten „Natura 2000“ als rechtsverbindliche Erhaltungsziele angegeben worden seien.
Christine Philipp, Gemeinderätin der Bernrieder Liste, bezeichnet es als „Skandal“, dass „ein eiszeitliches Phänomen“ angetastet werden solle. Wenn dann noch behauptet werde, man würde den angerichteten Schaden wieder zurückbauen, belege dies fehlendes Verständnis für Natur. Die Kommunalpolitikerin hat inzwischen nach eigenen Angaben die Untere Naturschutzbehörde informiert.
Lutz Stahl, der Chef der Betreibergesellschaft „BE Geothermal“, hat den Vorhaltungen inzwischen widersprochen. „Der Drumlin bleibt unangetastet“, versichert er. Um einen ebenen Bauplatz zu erhalten, müsse sein Unternehmen lediglich die Böschung am Ende des Drumlins „ein wenig begradigen“. Dies geschehe in enger Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde.
Dieser Ausschnitt aus der BR alpha Sendung vom 17. Januar 2011 –
„Ein Dorf ringt um saubere Energie“ – zeigt die Geschäftsführer der BE Geothermal GmbH, Stahl und Heigl, sowie den Geschäftsführer der Erdwerk GmbH Schubert, leitender Geologe des Geothermieprojekts Bernried, am geplanten Kraftwerksstandort. Aus dem Gespräch geht klar hervor, dass grosse Erdbewegungen geplant sind, aus der in diesem Filmausschnitt erkennbaren Karte geht deutlich hervor, dass das Kraftwerk im Prinzip in den Drumlin gebaut werden soll.
Ebenso geht aus dem Bauantrag, der Ende letzten Jahres beim Regierungsbezirk Weilheim einging, hervor, dass der Drumlin abgetragen werden soll.
Noch ein weiteres Detail der geplanten Bohrungen, das dem Gemeinderat erst jetzt bekannt geworden sei, greift die Bernrieder Liste auf: Dem Antrag der Betreibergesellschaft „BE Geothermal“ bei der Regierung von Oberbayern liege eine Kartierung bei, die eindeutig auf eine weitere Bohrung hinweise. Sie sei in Richtung Haushohen geplant und weise mit 2,5 Kilometern Länge eine Ablenkung auf, die von den Betreibern der geplanten Geothermie-Anlage bisher als „unmöglich“ dargestellt worden sei.
Bei so viel Unklarheit sei es „vollkommen uneinsichtig“, warum nicht endlich ein gänzlich unabhängiger Geologe die Gemeinde berate, kritisiert Christine Philipp. Nachdrücklich fordert sie, dass „endlich neutrale „Informationen“ zur Verfügung gestellt werden müssten.
„Gesellige Hügel“ beim Starnberger SeeDer Landkreis Weilheim-Schongau verfügt über manchen geologischen Leckerbissen. Einer davon befindet sich in der Gemeinde Eberfing: das größte „Drumlin-Feld“ Deutschlands. Doch auch in der Nähe des Starnberger Sees befinden sich solche Formationen – ausgerechnet dort, wo nun eine Geothermie-Anlage errichtet werden soll. Drumlins sind recht eigentümliche, in der Eiszeit entstandenen Gebilde, von denen manche mehrere Kilometer lang sind. Ihre Bezeichnung geht auf das gälische Wort „Drum“ zurück, das Rücken bedeutet – ein Hinweis auf die typische Form solcher Hügel: Sie ragen auf der einen Seite – dort, wo das Eis sie angestoßen hat – relativ steil empor, während sie auf der anderen Seite eher flach auslaufen. Drumlins seien gesellig, witzeln Fachleute. Denn üblicherweise gibt es von solchen Hügeln ganze Gruppen. Heide sind sie meist mit Bäumen und Gras bewachsen. Auch in etlichen anderen Gegenden Deutschlands und des benachbarten Auslands kann man Drumlin-Ansammlungen finden, etwa in den Vorländern der Hochgebirge, in der norddeutschen Tiefebene, am Bodensee oder am Zürcher See. Doch so gut ausgeprägt wie im Raum Eberfing sind die anderen meist nicht. |