Studie: Bundestag und Bundesregierung sind in Verdacht geraten, wirtschaftliche Einzelinteressen vor das Gemeinwohl zu stellen.

Bundestag und Bundesregierung sind in Verdacht geraten, wirtschaftliche Einzelinteressen vor das Gemeinwohl zu stellen. Eine Studie listet nun Fehlentwicklungen auf – und erhebt Forderungen.

Der Tagesspiegel
07.12.2011 Von Harald Schumann

Lobbyismus
Einflussnahme in der Grauzone

Die zunehmende Aktivität von Lobbyisten im Rahmen der Gesetzgebung und die personelle Verflechtung von Politik und Wirtschaft müssen dringend reguliert werden, um der Demokratie die Zustimmung der Bürger zu erhalten. zum tagesspiegel.de
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Transparenz – der grösste Feind des Lobbyismus

NachDenkSeiten

7. Dezember 2011 um 11:21 Uhr
von Jens Berger

„Marktordnung für Lobbyisten“ – eine neue Studie der Otto-Brenner-Stiftung

Der Lobbyismus hat sich über die Jahre zu einer echten Gefährdung der Demokratie entwickelt. Zwar sind die Grundzüge der politischen Interessenvertretung bereits im Grundgesetz verankert, ein groteskes Ungleichgewicht der finanziellen Mittel der Interessengruppen und eine erschreckende Intransparenz sorgen jedoch dafür, dass finanzstarke Interessen sich in der politischen Welt ein ungleich besseres Gehör verschaffen können. Die Otto-Brenner-Stiftung hat sich nun in einer aktuellen Studie Gedanken darüber gemacht, wie man dieses Problem entschärfen könnte.

Der Begriff „Lobbyismus“ ist eindeutig negativ konnotiert. Kein Lobbyist nennt sich Lobbyist – je nach Prägung bevorzugen Lobbyisten lieber die Berufsbezeichnung Politikberater, Kommunikationsberater, Verbandsvertreter, oder modern und englisch Public-Affairs- bzw. Public-Relations-Consultant. Achten Sie einmal darauf, wer Ihnen bei den Talkshows so alles als „Politikberater“ präsentiert wird – Sie werden staunen. Lobbyismus findet ansonsten jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Zwar gibt es eine durch den Bundestag geführte „Lobbyliste “, die immerhin 2.125 Interessengruppen (Stand 18.11.2011) aufführt, jedoch ansonsten keine besondere Funktion erfüllt. Transparenz scheint der größte Feind des Lobbyismus zu sein.
(…)
Es ist vollkommen klar, dass finanzstarke Lobbys nicht im Interesse des Allgemeinwohls, sondern in ihrem eigenen Interesse agieren. Ohne jegliche Transparenz droht hier eine massive Schieflage zu entstehen, die von Jahr zu Jahr dramatischer wird. Leider muss jedoch auch konstatieren, dass es kaum ein politisches Feld gibt, bei dem die politischen Akteure derart reformunwillig sind, dass dem neutralen Betrachter nur der Verdacht kommen kann, dass die Politik gar kein Interesse daran hat, den Lobbyismus in die Schranken zu weisen.
Dabei wäre es noch nicht einmal allzu schwer, dem grassierenden Lobbyismus einen Riegel vorzuschieben …
(…)
Deutschland gehört beispielsweise zu den ganz wenigen Ländern, die immer noch nicht die UN-Konvention gegen Korruption ratifiziert haben. Da befinden wir uns in guter Nachbarschaft mit den anerkannten Freunden der Transparenz im Sudan, Syrien, Burma, Saudi-Arabien und Somalia.
Russland, China, Angola und selbst Zimbabwe gehören zu den mittlerweile 158 Staaten, in denen die Konvention ratifiziert wurde. Der einzige Grund warum Deutschland die Konvention noch nicht unterzeichnet hat und sich damit zusehends isoliert, ist ein Passus, nach dem die deutschen Regelungen für die Nebeneinkommen der Parlamentarier den Straftatbestand der Korruption erfüllen würden.

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Die Studie „Marktordnung für Lobbyisten“ der Otto-Brenner-Stiftung ist online verfügbar und kann auch als gedrucktes Exemplar bestellt werden.