Korrespondenz mit Geothermie Unterhaching GmbH & Co KG

Am 17.3.2010 erreichte unsere Bürgerinitiative ein e-mail der Geothermie Unterhaching GmbH & Co KG mit der Bitte zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung zu den Heizkostenberechnungen in unserem Dokument „Teure Fernwärme aus Tiefer Geothermie“. Diese Gegendarstellung finden Sie hier im Anhang unseres Antwortschreibens von Dr. E. Saur
im Auftrag BIf UNAE an die Geothermie Unterhaching GmbH & Co KG.

Unsere Antwort

Sehr geehrter Herr Geisinger,                                                                                 26.3.2010

mit Ihrer e-mail vom 17.3.2010 beanstanden Sie den Aufsatz „Heizen mit Fernwärme – Verbrauchskosten im Vergleich“ des Autors Werner Striegl. Im Auftrag der Bürgerinitiative erwidere ich auf Ihre Anregungen wie folgt:

1. Preisangaben

Sie machen geltend, daß in dem Aufsatz eine Preiskomponente, die in ihrem gültigen Preisblatt vom 1.10.2009 als „Grundpreis“ bezeichnet ist, im Aufsatz jedoch „Arbeitspreis“ genannt wird, „falsch wiedergegeben“ sei. Es trifft zu, daß diese Preiskomponente richtigerweise – entsprechend der Angabe in Ihrem Preisblatt – als „Grundpreis“ bezeichnet werden sollte. Dies wird korrigiert.

Ansonsten finden sich im Preisblatt zur Höhe dieses Grundpreises folgende Angaben (Hervorhebungen von mir):

Größe der Wärmeübergabestation EUR pro Monat und kW
Für die ersten 50 kW 3,24 (brutto)

frei
Mit anderen Worten: für eine Übergabestation mit z. B. 16 kW ergibt sich nach diesen Daten pro Jahr folgender Grundpreis:

16 kW · 12 Monate · 3,24 €/Monat kW = 622,08 €/Jahr

Dies erscheint schon wegen der extremen Höhe unplausibel.

In Ihrer „Gegendarstellung“ machen Sie folgende Angabe, die ebenso verwirrend ist:
Der Grundpreis „…liegt nach aktuell gültigem Preisblatt für einen 16 kW-Anschluss der Geothermie Unterhaching bei 38,88 €/kW pro Jahr.“

Damit ergibt sich derselbe – extrem teure – Grundpreis pro Jahr:

16 kW · 38,88 €/kW Jahr = 622,08 €/Jahr

Es scheint kaum denkbar, daß Sie tatsächlich einen solch hohen Grundpreis von Ihren Kunden verlangen wollen – oder sollte ich mich irren?

Es scheint, daß in Ihrem Preisblatt Folgendes gemeint ist:

Anschlussleistung beim Kunden EUR pro Monat
Zwischen 1 und 50 kW 3,24 (brutto)

frei
Damit ergäbe sich ein jährlicher Grundpreis von 38,88 €, egal ob die Anschlußleistung 1 kW oder bis zu 50 kW beträgt. Dieser Wert erscheint plausibel.

Auf jeden Fall ist in dem Aufsatz für den Grundpreis (= Leistungspreis) genau die gleiche (falsche?) Preisangabe angegeben, wie in Ihrer „Gegendarstellung“. Wenn diese Angabe tatsächlich falsch ist (wofür einiges spricht), dann sollten Sie zunächst Ihr eigenes Preisblatt korrigieren.

Die Berechnung des Autors Striegl zur Fernwärmeversorgung Unterhaching geht streng von den Angaben in Ihrem Preisblatt aus, wonach sich bei einer Anschlußleistung von 15 kW ein Grundpreis (Leistungspreis) von

15 kW · 38,88 €/kW 583,2  €/Jahr

ergäbe. Somit gelangt der Autor in nachvollziehbarer Weise aus dem angenommenen Jahresverbrauch von 15.657 kWh bei einer Anschlußleistung von 15 kW zu den genannten Gesamtkosten von 1863,80 € pro Jahr.

Sofern Sie also diese Berechnung monieren wollen, so erfolgt dies zu Unrecht.

2. Vergleich von Heizungssystemen

Weiterhin möchten Sie geltend machen, daß bei herkömmlichen Heizungen, insbesondere solchen, die mit Heizöl betrieben werden, angeblich Verluste von über 20% entstehen; daher sei die Geothermie kostenmäßig günstiger. Dies sind jedoch reine Meinungsäußerungen und keine Fakten. Es ist in der Rechtsprechung unbestritten, daß Meinungsäußerungen unter keinen Umständen ein Recht auf eine „Gegendarstellung“ begründen können.

Ferner ist kein Autor gezwungen, sich bei einem Vergleich an schematische Vorgaben, z.B. nach VDI, zu halten. Jeder Autor hat die Freiheit, zu vergleichen, was er will. Im vorliegenden Aufsatz geht es allein um den Vergleich von Verbrauchskosten. Sie haben kein Rechtsmittel, dies zu verhindern.

Selbst dann, wenn Ihre Darstellung bezüglich der angeblichen Verluste für sehr alte Heizungen zutreffen sollte, so wäre sie dennoch irrelevant, weil bei einer Systementscheidung über ein neues Heiz­system eben nicht eine Entscheidung zwischen einer Altanlage und Fernwärme ansteht, sondern zwischen einer modernen Heizanlage und Fernwärme.

Zur Beurteilung eines Heizungssystems ist die Verwendung des Begriffs „Jahresnutzungsgrad“ sinnvoll. Dieser Wert bezeichnet den Anteil der eingesetzten Energiemenge, der tatsächlich zur Heizung genutzt werden kann, wobei insbesondere Kesselverluste und Wärmeverteilungsverluste in Abzug zu bringen sind.

Seit weit über einem Jahrzehnt gehören Brennwertkessel zum Stand der Technik. Bereits im Jahr 2007 waren ca. 70% aller verkauften Wärmeerzeuger Gasbrennwertkessel. Ölheizungen werden vom Markt verdrängt.

In Brennwertkesseln werden die Abgase soweit heruntergekühlt, daß auch die Kondensationsenergie aus dem Wasserdampf im Abgas genutzt wird, was mit herkömmlichen Brennern nicht möglich ist. Moderne Anlagen weisen zusätzlich eine Abgasführung auf, die koaxial mit der Zuführung der angesaugten Zuluft zum Brenner erfolgt. Im Innenrohr werden die Abgase nach oben zur Schornsteinmündung, im Außenrohr die Zuluft nach unten zum Brenner geführt. In einem Einfamilienhaus wird auf diese Weise zwischen Heizungskeller und Schornsteinmündung ein zusätzlicher, ca. 8–9 m langer Wärmetauscher gebildet, in dem die Abgase im Gegenstrom die angesaugte Zuluft anwärmen, wobei die Abgase gleichzeitig weiter abgekühlt werden. Dadurch wird zusätzlich Kondensationswärme frei. Dies bewirkt nochmals eine Erhöhung des Nutzungsgrades.

Folglich sind die Kesselverluste eines optimal dimensionierten, modernen Gasbrennwertheizungssystems vernachlässigbar gering. Dies kann durch Messung der Kondenswassermenge der Anlage jederzeit verifiziert werden. Bei einer solchen Anlage entstehen über 1,4L Kondenswasser pro Kubikmeter Gas, die Rücklauftemperatur liegt im Mittel bei ca. 30° C, die an der Schornsteinmündung gemessene Abgastemperatur bei ca. 25° C.

Keine zentrale Anlage mit Fernwärmeverteilung erreicht auch nur annähernd solch beeindruckende Werte.

In einer modernen Hausheizanlage erfolgt die Wärmeverteilung durch ein Rohrsystem im Hauskern. Folglich kommen fast sämtliche Wärmeverluste als Heizenergie dem Haus zugute.

Der Jahresnutzungsgrad einer optimalen, dezentralen Brennwertanlage liegt somit weit über 95%.

Im Gegensatz dazu weist jedes Fernwärmesystem, auch wenn es auf Geothermie beruht, bedeutende Wärmeverteilungsverluste auf. Der Jahresnutzungsgrad ist daher schon prinzipiell schlechter als in einer dezentralen Heizungsanlage.

Da Sie für Ihre neue Geothermieanlage in Anspruch nehmen, Energie zu einem konkurrenzfähigen Preis anzubieten, müssen Sie auch einen Vergleich mit einer modernen Gasheizung aushalten. Für einen Unterhachinger Haushalt, der über 20.000 kWh Jahres­wärmebedarf und eine Anschlußleistung von 21 kW verfügt, würden sich die folgenden Verbrauchs­kosten – einschließlich Mehrwertsteuer – ergeben (es werden Ihr aktuelles Preisblatt und die Konditionen des billigsten Gasanbieters LogoEnergie zugrunde gelegt, wobei ich zu Ihren Gun­sten annehme, daß Ihr „Grundpreis“ nur 38,88 € pro Jahr beträgt):

Fernwärme
(Unterhaching)
Erdgas
(LogoEnergie)
Zu liefernde Energiemenge (kWh) 20.000 20.000
Grundpreis (€/Jahr) 38,88 0
Meßpreis (€/Jahr) 269,16 0
Arbeitspreis (cent/kWh) 6,46 4,82
Gesamtkosten pro Jahr (€) 1.600,04 964,0

Es liegt bei Ihnen, dieses Vergleichsergebnis nachzuprüfen und zu werten.

3. Preisentwicklung unterschiedlicher Energieträger

Ihrer „Gegendarstellung“ haben Sie eine Graphik der angeblich „relevanten“ Indizes beigefügt.
Diese Graphik weist folgende Auffälligkeiten auf:

  • Obwohl Ihre Anlage erst zwischen Ende 2007 und Anfang 2009 in Betrieb ging, reicht die Indexentwicklung der „Geothermie Unterhaching“ angeblich bis 1995 zurück. Dies ist ein schwerer Lapsus, der Ihren Aussagen jede Glaubwürdigkeit nimmt.
  • Es ist nicht ersichtlich, von welchen öffentlich zugänglichen Indizes Ihre Graphik hergeleitet wurde.
  • Da der Preis der Geothermie an die Indizes von Heizöl, Erdgas und Strom gekoppelt ist, erscheint es unplausibel, daß der Geothermieindex wesentlich geringere Schwankungen aufweisen soll als die anderen Indizes.
  • Offensichtlich zeigt die Graphik lediglich die erste Ableitung der Preisentwicklungen. Daraus lassen sich bekanntlich nicht die Absolutwerte der zugrundeliegenden Preise entnehmen. Solche Graphiken haben daher keine informative, sondern im wesentlichen nur eine manipulative Relevanz.

Die folgende Graphik zeigt hingegen die (absolute) Preisentwicklung für Erdgas am „Henry Hub“ in Louisiana, USA. Von diesem Knoten werden die Gaspreise an einer der größten Rohstoffbörsen der Welt, nämlich der New York Mercantile Exchange hergeleitet. Weitere öffentliche Weltmarkt-Indizes für Erdgas, wie z.B. „Wellhead“ und „Burnertip“ sind eng mit diesem Index korreliert.

Es ist klar ersichtlich, daß sich der Gaspreis im freien Fall befindet. Es wird sogar das Preisniveau von 2002 unterschritten. Angesichts dieser allgemein zugänglichen Preisentwicklung hat Ihre Graphik daher keine Plausibilität.

Umgerechnet beträgt der Weltmarktpreis zur Zeit etwa 1 cent/kWh. Da in Europa demnächst die Nordstream- und die Nabucco-Gaspipelines in Betrieb gehen, zudem mehrere Flüssiggas-Terminals geplant sind, ist davon auszugehen, daß die Gaspreise sich global aneinander angleichen und dabei in Europa noch deutlich zurück gehen werden. Dafür spricht auch die Tatsache, daß – im Gegensatz zu Erdöl -, die globalen Gasvorräte noch nicht von einem Produktionsrückgang bedroht sind.

Es erscheint daher angebracht, daß Sie sich mit dieser bevorstehenden ernsthaften Konkurrenzsituation auseinandersetzen, anstatt daß Sie versuchen, Bürgern Ihre tendenziösen Informationen aufzudrängen.

4. Verfassungsrechtlich garantierte Meinungsfreiheit

Bei allen Veröffentlichungen ist die Bürgerinitiative stets bemüht, Fehler zu vermeiden, und – falls dennoch Fehler auftreten und erkannt werden – diese baldmöglichst zu korrigieren. Auf keinen Fall wird die Bürgerinitiative wissentlich falsche Daten veröffentlichen – dies würde ihrem Anliegen nur schaden.

Grundsätzlich genießt die Veröffentlichung einer Meinung den Schutz der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 GG.  Dies schließt auch die Möglichkeit ein, daß ein Irrtum ver­öffentlicht wird. Da die Bürgerinitiative kein Presseorgan ist, ist sie zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung nicht verpflichtet. Auf die Veröffentlichung einer „Gegendarstellung“ haben Sie schon deshalb keinen Anspruch, weil Ihre Angaben offenkundig fehlerhaft sind. Gerne ist die Bürgerinitiative jedoch zu einem konstruktiven Dialog mit Ihnen bereit.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wird die Bürgerinitiative Ihr Schreiben und die vorliegende Erwiderung veröffentlichen. Für eine rechtliche Auseinandersetzung gibt es daher keinen Anlaß.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Erich Saur

Dr. Erich Saur
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Das E-mail der Geothermie Unterhaching GmbH & Co KG vom 17.3.2010

Sehr geehrte Damen und Herren,

leider mussten wir feststellen, dass auf Ihrer Website ein Artikel „Heizen mit Fernwärme Verbrauchskosten im Vergleich“ eingestellt ist, der falsche Aussagen zu den Fernwärmepreisen der Geothermie Unterhaching GmbH & Co KG macht sowie irreführende Aussagen in Bezug auf Vergleichspreise enthält.
Wir fordern Sie auf, den Artikel mit dem falschen Kostenvergleich unverzüglich von Ihrer Homepage zu nehmen oder die beigefügte Gegendarstellung nebst Grafik auf Ihrer Website zu veröffentlichen.
Sollten Sie unserer Aufforderung nicht nachkommen, behalten wir uns rechtliche Schritte gegen Sie vor.

Mit freundlichem Gruß
Wolfgang Geisinger
Geothermie Unterhaching GmbH & Co KG
Geschäftsführer

Gegendarstellung der Geothermie Unterhaching GmbH & Co KG