20.04.2012
Stellungnahme zur Gemeinderatssitzung vom 17.04.2012 / Bürgerbegehren
von Gerhard Weber
Vergangenen Dienstag war eine Stunde für die Demokratie eingeläutet: Ein Bürgerbegehren, das Klarheit über den Ausbau von Geothermiekraftwerken zur Stromerzeugung und im speziellen Fall über das zur Zeit größte, geplante Kraftwerk Deutschlands in Wielenbach, schaffen sollte.
Doch dieser Antrag auf einen Bürgerentscheid ging eiskalt, wie vor 100 Jahren die Titanic, unter.
Denn über den eingereichten Antrag, der von ca. 30% wahlberechtigten Wielenbachern unterzeichnet ist, wurde erst gar nicht abgestimmt. Der Gegenvorschlag von Bürgermeister Steigenberger, die Last von den Schultern der Bürger zu nehmen und das Begehren in einen Gemeinderatsbeschluss umzuwandeln, erschien mir machbar jedoch sehr paradox. Ironisch ist zudem, dass all die Mitglieder, die sich für den Bau eines solchen Kraftwerkes ausgesprochen hatten, diesem Vorschlag zugestimmt haben.
Dies alles nichts sagend erleben zu dürfen und müssen, war für mich der ausschlaggebende Grund diesem Gremium in Zukunft nicht mehr angehören zu wollen.
Diese Entscheidung ist aus meiner Sicht ein Tiefschlag gegen die Grundrechte und den Willen der Bürger von Wielenbach, von dem einstmals jeder Gemeinderat gewählt wurde. Ein Bürgerentscheid, egal wie er ausfällt, wäre mit Sicherheit ein positiver Aspekt, der die Glaubwürdigkeit in die Politik stärken würde.
Die Bürgerbeteiligung, die man sich angeblich auf Landes und Bundesebene wünscht, wurde somit im Keim erstickt.
Wenn man der Stellungnahme des Landratsamtes vom 20.04.2012, welche im Weilheimer Tagblatt veröffentlicht wurde glauben darf, so sind Gemeinderäte und Bürgerinitiativen bei Projekten in dieser Größenordnung nur noch Marionetten in einem abgekarteten Spiel. Stuttgart 21 bestätigt dies.
Gerhard Weber
Kommentar
Neben Gerhard Weber war ein weiterer Gemeinderat von den Abstimmungen ausgeschlossen, da sie das Bürgerbegehren mitunterzeichneten. Soviel Nähe zu den Bürgern, die die Gemeinderäte zu Ihrer Vertretung gewählt hatten, kann die „Demokratie“ offensichtlich nicht ertragen. Eine knappe Mehrheit des Gemeinderats, (mit einer Stimme Mehrheit) die so zustande kam, sieht sich scheinbar als privilegiert an und liess bei der Abstimmung den Bürgerwillen links liegen.
R.F-J.
Leserbriefe im Weilheimer Tagblatt
Leserbrief von Kristina Abenthum:
Kein Bürgerentscheid zur Geothermie – Weilheimer Tagblatt, 19.04.2012
Herr Bernhard Kölbl sollte sich fragen wie Druck entsteht und wer ursächlich dafür verantwortlich ist. Ich kann ihm versichern: Betroffene haben hier schon einige schlaflose Nächte hinter sich. Es steht zu befürchten, dass sich diese Situation durch die derzeitige Entwicklung nicht verbessern wird. Es soll dort das derzeit größte Kraftwerk dieser Art gebaut werden. Wie auch der Bürgermeister schon bestätigte gibt es kein vergleichbares um es sich vor Ort einmal in Betrieb anzusehen. Zudem wurde nicht nur gesagt, dass eine Entscheidung von Bürgern und Gemeinderäten nichts bewirke, diese Aussage wurde auch durchaus positiv bewertet.
Wenn bei schwierigen Entscheidungen auf kommunaler Ebene der Grundgedanke herrscht den Bürger durch übergeordnete Institutionen mundtot zu machen, empfinde ich das als durchaus bedenklich.
Leserbrief Susann Enders, Weilheim:
Bärendienst für die Geothermie-Lobby
Leserbrief zum Beitrag vom 19.04.2012 „Kein Bürgerentscheid zur Geothermie“
Besser hätte es für die „Erdwärme Oberland“ auf der Gemeinderatssitzung am 17.04.2012 in Wielenbach nicht laufen können. Ob gewollt oder ungewollt hat die Mehrheit des Gemeinderates Wielenbach der übermächtigen Geothermie-Lobby einen großen Bärendienst erwiesen.
Um einem Bürgerentscheid gegen Tiefengeothermie auf Wielenbacher Flur vorzugreifen, beschloss der Gemeinderat kurzer Hand, sich selber gegen den Bau eines solchen Werkes auszusprechen. Vordergründig könnte man das als Erfolg für die Geothermie-Gegner werten. Doch wenn man nur ein bisschen hinter die Kulissen blickt weiß man, dass das Landratsamt unter den jetzt gegebenen Umständen den Gemeinderatsbeschluss jederzeit aufheben kann.
Nicht nur, dass der Lobby dadurch 3 Monate Negativpresse erspart bleiben, obendrein hat die „Erdwärme Oberland“ die politische Macht eines Bürgerentscheides nun nicht mehr zu fürchten. Da wurde dem betroffenen Bürger einfach der Maulkorb aufgesetzt und der Lobby Tür und Tor aufgerissen. Ganz davon abgesehen, dass das Vorgehen während der öffentl. Gemeinderatssitzung alles andere als korrekt war. Wenn ein Bürgerbegehren und damit der Antrag auf den Bürgerentscheid auf der Tagesordnung vorliegt, darf man diese Forderung nicht durch einen vorgezogenen Gemeinderatsbeschluss gegenstandslos machen.
Aber dies war den Verantwortlichen der Gemeinde Wielenbach bei der Entscheidung über so eine wichtige Angelegenheit anscheinend nicht bewusst.
Siehe auch: BI zum Erhalt des Oberlands e.V. / weiter zur BIfO