Freitag, der 13.07.2012 aus dem „Weilheimer Tagblatt“
Wielenbach klagt gegen Geothermieprojekt
Entscheidung fiel einstimmig – Erlaubnis zur Herrichtung des Bohrplatzes wurde bislang noch nie angefochten
Von Alfred Schubert
Wielenbach – Die Gemeinde Wielenbach klagt gegen das von der „Erdwärme Oberland“ geplante Geothermiekraftwerk in der Lichtenau. 13 Räte – vier waren nicht anwesend – sprachen sich einstimmig dafür aus. Grund für die Ablehnung war nicht bei allen Räten eine Ablehnung des Geothermiekraftwerks, sondern ein vorausgegangener Beschluss. In diesem hatte der Gemeinderat die Forderung eines Bürgerbegehrens übernommen, alle rechtlich möglichen Schritte gegen das Projekt zu unternehmen.
Lt. Rechtsanwalt Dr. Helmut Roithmaier, der die Gemeinde vertritt, ist die Erlaubnis zur Herrichtung des Bohrplatzes „der allererste Schritt, der bisher noch nie angefochten worden ist“.
Roithmaier: „Wir haben hier also Neuland vor uns.“ Nach Prüfung der Unterlagen sei er zu dem Schluss gekommen: „Ich würde die Klage weiterführen.“ Die Klage läuft bereits, da laut Bürgermeister Steigenberger die Verwaltung „zur Fristwahrung um vorsorgliche Klageerhebung gebeten“ hat.
Roithmaier sieht „viele offene Fragen“.
So sei die Erlaubnis zum Herrichten des Bohrplatzes in der jetzt vorliegenden Genehmigung durch das Bergamt Süd „untrennbar mit dem späteren Hochbau verbunden“. Der Hochbau – gemeint ist das Kraftwerk – könne aber nicht vom Bergamt, sondern nur vom Landratsamt genehmigt werden. Beim Kraftwerk handelt es sich laut Roithmaier zweifelsfrei um ein Bauwerk mit bodenrechtlicher Relevanz, weil Leitungen und Erschließungsstraßen gebaut werden müssten und die Umwelt beeinflusst werde.
Da es sich beim Standort in der Lichtenau ebenso zweifelsfrei um Außenbereich handle, dürfe dort „nur gebaut werden, was privilegiert ist“. Ein Gewerbebetrieb sei nur zulässig, wenn er ortsgebunden sei, wie etwa eine Kiesgrube. Bei der Geothermie stellt Roithmaier die Ortsgebundenheit in Frage, da es die Möglichkeit von Schrägbohrungen gebe.
Außerdem müsse ein Kraftwerk nicht unmittelbar über der Bohrung errichtet werden.
Das finanzielle Risiko beschränkt sich nach den Worten des Anwalts bei der rechtsschutzversicherten Gemeinde auf eine kleine Eigenbeteiligung. Würde die Gemeinde nicht klagen, bestehe die Möglichkeit, dass später eine andere Gemeinde mit einer solchen Klage erfolgreich sei. Dann müssten sich die Wielenbacher Gemeinderäte den Vorwurf anhören: „Warum habt ihr nichts dagegen gemacht“.
Nach einer kurzen Diskussion sprachen sich schließlich alle Räte dafür aus, die Klage weiter zu verfolgen. Sie wollen jedoch keine Einstellung der Arbeiten auf dem Bohrplatz erzwingen. Dies wäre laut Roithmaier zu riskant, da dann im Falle des Scheiterns der Klage der „Erdwärme Oberland“ durch die Bauverzögerung ein Schaden entstehen würde.
„Erdwärme Oberland“: Klage erstaunlich
„Als höchst bedauerlich“, bezeichnet Dr. Markus Wiendieck, Geschäftsführer von „Erdwärme Oberland“, die Entscheidung zur Klage. Das Vorgehen sei erstaunlich, da die Gemeinde Wielenbach erst im Januar 2012 der Bürgerstiftung Energiewende Oberland (EWO) beigetreten ist, die die Tiefen-Geothermie unterstütze. „Wir sehen in dem Bescheid keine Punkte, die gegen geltendes Recht verstoßen und erkennen keine Ansatzpunkte für die Klage“, so Wiendieck in einer Presseerklärung. Dies werde unterstrichen durch den Hinweis des Anwalts der Gemeinde Wielenbach, wonach eine Klage auf Aufhebung des Sofortvollzugs wenig Aussicht auf Erfolg hätte. Der Sofortvollzug sei das mit dem Genehmigungsbescheid verbundene Recht, den Bohrplatz auch vor einer gerichtlichen Entscheidung zu bauen.
mm
Freie Wähler beantragen UVP
Der Kreisverband der Freien Wähler (FW), vertreten durch Matthias Demmel, Susann Enders und Ulricke Seeling, hat bei Landrat Dr. Friedrich Zeller eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) der geplanten Geothermie-Anlage in der Lichtenau-Nord beantragt.
„Auf Grund fehlender Erfahrungswerte eines Projektes in dieser Größenordnung sind Auswirkungen auf Mensch und Natur nicht absehbar“, heißt es in dem Antrag. Unter anderem wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der Anlage um ein gewerbliches Großprojekt im Außenbereich ohne qualifizierten Bebauungsplan handelt und der Einsatz umweltgefährdender Arbeitsmittel, wie Isopentan, vorgesehen sei. Nicht geklärt seien zudem Folgen für die Grundwasserströme oder das Freisetzen von Radon-Vorkommen sowie die Gefahr von Schadbeben.
gre