Das Erdbebenrisiko von Geothermie-Anlagen

von Dipl.- Ing. (Physik) Hermann Edelmann
für die Bürgerinitiative für umweltverträgliche und nachhaltige Nutzung alternativer Energiequellen

Aufgrund der Plattentektonik wandert der Afrikanische Kontinent bzw. die Afrikanische Platte langsam nach Norden (ca. 3 cm pro Jahr) und übt dabei enormen Druck auf den westlichen Teil der Eurasischen Platte aus. Durch diese gigantischen Kräfte wurden in Jahrmillionen die Alpen um viele Kilometer emporgehoben.

Die an den Plattenrändern entstehenden Spannungen übertragen sich auf den gesamten Plattenkörper und führen zu so genannten Intraplattenbeben an solchen Orten, wo geologische Schwachstellen vorhanden sind. Durch Eingriffe des Menschen in den Untergrund, wie z. B. durch Geothermieprojekte können so genannte induzierte oder getriggerte Erdbeben entstehen, insbesondere dann, wenn Wasser in solche unter Spannung stehende Regionen eingepresst wird. Dadurch wird der so genannte Porendruck im Untergrund erhöht, der dem stabilisierenden Gebirgsdruck der geologischen Schichten entgegenwirkt und ihn damit verringert. Hinzu kommt eine Reduzierung der Reibung zwischen Schichten durch das eingeleitete Wasser, d. h. es entsteht ein „Schmiereffekt“. Beide Vorgänge können dann zu getriggerten Erdbeben führen.

Über das Auftreten von getriggerten Erdbeben durch Wasserverpressung wird in der Literatur in sehr vielen Fällen berichtet. Insbesondere ist das Geothermieprojekt Basel zu nennen. Dort traten am und nach dem 8. Dez. 2006 eine ganze Reihe von Erdstößen nach dem Einpressen von Wasser auf. Von Geothermie-Anhängern wird ein Vergleich des Thermalwasser-Verfahrens mit dem Erdbebenbeispiel Basel meist mit dem Hinweis abgelehnt, dass in Basel Wasser unter sehr hohem Druck, zur Erzeugung von Hohlräumen im Felsuntergrund eingepresst wurde. Während bei der üblichen Förderung von Thermalwasser aus Wasserführenden Karstgesteinschichten (wie z.B. im südbayerischen Molassebecken, wo momentan ein wahnwitziger „Run“ auf etwa 100 Geothermie-„Claims“ stattfindet) gerade solch ein hoher Druck eben nicht erforderlich sei. Daher könne das Beispiel Basel nicht mit Geothermieprojekten, wie z.B. in Bernried (am Starnberger See), verglichen werden. Dabei wird jedoch außer Acht gelassen, dass durch die unvermeidliche Reinjektionsbohrung, die zur Rückführung des abgekühlten Wassers dient, sehr große Mengen Wasser in Gesteinsschichten gepreßt werden, wo solche Wassermassen natürlicherweise nicht vorhanden sind. Daher besteht in diesen Schichten, die innerhalb einer unter Spannung stehenden Bruchzone liegen, die bekannte Gefahr der Auslösung eines Erdbebens, wie oben dargelegt.

Außerdem gibt es bei Geothermieprojekten noch eine weitere wichtige Erdbebenursache. Durch große Thermalwasserentnahme kann es in großer Tiefe zur Entstehung von Hohlräumen kommen, die unter dem Druck des Deckgebirges einstürzen. Das Rücklaufwasser, welches in der Regel 1 – 2 km von der Förderbohrung entfernt in höher liegende Gesteinsschichten eingepresst wird, breitet sich in solche Richtungen aus, die den geringsten Strömungswiderstand aufweisen. Dieser Ausbreitungsweg ist vollkommen unvorhersagbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Rückführungswasser ausgerechnet vollständig in den leergepumpten Bereich der Förderbohrung zurückfließt, ist gering.

Zum Auftreten von natürlichen Erdbeben (auch im Molassebecken!) gibt es genügend Informationen, z. B. vom Bayerischen Geologischen Landesamt. In deren Informationsbroschüre „Erdbebendienst Bayern“ findet sich folgendes Zitat:

„Jährlich treten in Bayern hunderte von Erdbeben auf. Einige dieser Erdstöße sind stark genug, um von der Bevölkerung gespürt zu werden. Gelegentlich sind sie auch mit Schäden verbunden.“

Diese klare Aussage steht in bemerkenswertem Kontrast zum Inhalt eines Schreibens des Bayerischen Bergamtes vom 29. April 2009 an die Präsidentin des Bayerischen Landtags, Frau Barbara Stamm. In dem Schreiben heißt es, der Bayerische Erdbebendienst habe historische Berichte über Erdbeben der letzten 1000 Jahre (!) ausgewertet. Das Ergebnis sei, dass bisher keine Schadensbeben aufgetreten sind. Daher sei nicht damit zu rechnen, dass durch eine geothermische Nutzung Schadensbeben ausgelöst werden könnten.

Diese Aussagen sind fachlich vollkommen abwegig:

a) Natürliche Beben – auch solche, die Schäden verursachen – kommen nördlich der Alpen häufig vor.

b) Selbst aus einer fälschlicherweise behaupteten Tatsache von nicht vorgekommenen natürlichen Schadensbeben könnte logisch keineswegs darauf geschlossen werden, dass durch Geothermieprojekte keine Schadensbeben ausgelöst werden können.

Es muss daher unterstrichen werden, dass das Risiko von Schadensbeben durch Geothermie-Projekte unabweisbar existiert. Diese Tatsache wird allerdings von wirtschaftlich interessierter Seite immer wieder heftig bestritten. Möglicherweise soll verhindert werden, dass für die Geothermie-Firmen der Abschluss von Haftpflichtversicherungen mit realistischen Deckungssummen zur Auflage gemacht wird. Angesichts des deutlichen Risikos und der denkbaren erheblichen Schadenssummen würden die notwendigen Versicherungskosten den volkswirtschaftlich ohnehin unsinnigen Anlagen möglicherweise den Gnadenstoß versetzen.

In diesem Zusammenhang wird auf die Vorkommnisse beim Geothermieprojekt Landau hingewiesen. Nach dem Auftreten von Erdbeben, deren Stärke gerade noch nicht zu Schäden geführt* hatten, wurde der dortige Geothermie-Betreiber, die Firma geo x, per Behördenauflage verpflichtet, neben einer Haftpflichtversicherung auch eine Bergschadenversicherung abzuschließen. Die versicherte Deckungssumme wurde von 10 Mio. € auf 50 Mio. € erhöht. Angesichts der potentiellen Schadenshöhe innerhalb einer Stadt mit 43.000 Einwohnern erscheint die Haftungssumme immer noch lächerlich gering. Bereits ein PKW wird heutzutage mit einer Haftpflichtsumme von 10 Mio. € versichert.

Man kann gespannt sein, was noch alles passieren muss, ehe angesichts der wahnwitzigen Kosten der Geothermie endlich Vernunft einzieht. Wenn die geothermischen Ressourcen aufgebraucht sein werden, was wahrscheinlich viel schneller erfolgt, als uns heute die Geothermie-Enthusiasten glauben machen wollen, kommt der „große Katzenjammer“, – wenn es längst zu spät ist.

* Erdbebenschäden in Landau